Aus misslicher Lage befreit (von Heike Michalewski)
Aristoteles ist mein inzwischen fünfjähriger Mischling. Man kann „Ari“ wohl nicht gerade als „Leistungsträger“ bezeichnen. Genau genommen, macht Ari meist was er will. Meine inkonsequente Haltung ihm gegenüber trägt erheblich dazu bei, dass wir beide meist etwas verpeilt auftreten. Aber, wir haben viel Spaß miteinander und halten zusammen.
Ari begleitet mich jeden Tag zur Arbeit ins Büro. Wir begrüßen unsere Kolleginnen und beginnen unseren Tag mit einem Kaffee und den „Tagesaktualitäten“, die meist auf Mode- und Schminktipps beschränkt sind. Dabei geht es recht laut zu. Für gewöhnlich ist Ari bei uns, holt sich in festgelegter Reihenfolge seine Leckerlis ab und legt sich dann zu uns.
An diesem Tag stand er mehrfach auf, blieb dann an der Bürotür stehen, schaute uns immer wieder an und machte sich deutlich bemerkbar. Bis eine Kollegin endlich meinte, dass Ari wohl jemanden auf dem Flur bemerkt habe. Wir waren verunsichert, da um diese Uhrzeit, kein Publikum zu erwarten war. Ich nahm Ari an die Leine und wir öffneten vorsichtig die Bürotür. Danach vernahmen wir im Treppenhaus ein lautes Klopfen hinter einer Notausgangstür. Mit Aristoteles voran und fünf Frauen traten wir auf den Flur und öffneten vorsichtig die Tür des Notausgangs. Heraus kam unsere Reinigungskraft, die sich ausgeschlossen hatte. Sie war völlig panisch, weinte und zitterte am ganzen Körper. Aufgrund ihres Migrationshintergrunds hat sie wohl die Funktion eines Notausgangs nicht verstanden.
Die Kolleginnen kümmerten sich um die Reinigungskraft, die ihren Dienst an diesem Tag nicht mehr fortsetzen konnte.
Ari wurde den ganzen Tag als kleiner Held gefeiert und bekam jede Menge Leckerlis von den Kollegen zugesteckt.